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Montag, 8. März 2010

Schlimmer als Krieg – Völkermord

Genozid oder Völkermorde treten immer wieder in unserer Geschichte auf. Daniel Jonah Goldhagen greift das Thema in seinem neuen Buch „Schlimmer als Krieg – Völkermord verstehen und verhindern“ auf.

Daniel Jonah Goldhagen, ein US-amerikanischer Soziologe und Politwissenschaftler, löste bereits 1996 mit seinem Buch „Hitlers willige Helfer“ eine Debatte aus. Er stellte damals die These auf, dass die meisten deutschen das Morden an den Juden unterstützten. In seinem neuen Buch betrachtet er das Thema Genozid mehr global und versucht das Phänomen des Völkermords zu verstehen und Lösungsansätze zu finden.
Die Opferzahl von Völkermorden liegt in den letzten 100 Jahren bei über 100 Millionen. Somit haben Völkermorde mehr Menschen das Leben gekostet, als alle Kriege davor. Türken mordeten mehr als eine Millionen Armenier im 1. Weltkrieg. Die Nazis töteten 6 Millionen Juden im 2. Weltkrieg. In den 30er bis 40er Jahren kamen mehrere Millionen Asiaten durch die Japaner ums Leben. Der stalinistische Terror kostete ebenfalls mehreren Millionen Menschen das Leben. Die Liste ist lang und kann noch weiter geführt werden: Bosnien, Ruanda, Dafur.
Goldhagen fragt sich in seinem Buch, wie es zu solchen Taten kommt. Was bringt Menschen dazu, ihre Nachbarn - Männer, Frauen und Kinder - zu töten? Wie beginnt das Morden? Und wie hört es wieder auf? Und warum sehen wir meist tatenlos zu, wenn irgendwo ein brutaler und blutiger Völkermord stattfindet? Um das zu verstehen unternimmt Goldhagen eine Reise um die Welt, zu den Schauplätzen der Völkermorde der letzten 100 Jahre. Er spricht mit Tätern, Opfern, Ermittlern, Diplomaten, Polizisten und Politikern.
Seine Ergebnisse sind eindeutig. Völkermorde sind keine Massenhysterie. Sie entstehen weder spontan noch unkontrolliert. Eher sind sie immer Ergebnisse bewusster Entscheidungen und eiskalt geplant. Die Täter sind keineswegs Wahnsinnige. Ein politischer Führer beschließt, dass es erforderlich sei viele Menschen zu töten, um ein Ziel zu erreichen und schafft das nötige Klima in der Bevölkerung, um sein Ziel zu erreichen. Dieses Klima erschafft er in erster Linie, indem er den Opfern das Mensch-Sein abspricht und sie als Bedrohung darstellt. So wird Hass gegen eine Bevölkerungsgruppe geschürt und die Leute beginnen ihre Nachbarn zu töten.
Dabei ist der Stand der Technik des Landes völlig egal. Es werden keine Gaskammern benötigt um effizient zu töten, wie das Beispiel von Ruanda zeigt. 1994 töteten die Hutus in 3 Monaten 800.000 Angehörige des Tutsi-Stammes. Sie mordeten somit 3 mal schneller als die Gaskammern in Auschwitz, obwohl sie ihre Opfer mit Macheten und Stöcken erschlugen. Dies zeigt auch das bei Völkermorden nicht nur, wie oft behauptet Befehle ausgeführt werden, sondern bewusst getötet wird. Wenn die Mörder nur Befehle ausführen würden, müssten sie nicht mit solch einer Brutalität töten.
Für Goldhagen trifft auch der Begriff „Völkermord“ nicht zu. Zum Genozid gehören viel mehr Maßnahmen als nur die gezielte Ermordung von Menschen, so zum Beispiel Vergewaltigung, Folter, Vertreibung oder unmenschliche Inhaftierung. Goldhagen spricht deshalb von „Eliminationismus“.
In Ruanda hat die UNO nur zugesehen wie tausende Menschen abgeschlachtet werden und sogar ihre Truppen abgezogen, anstatt den Opfern Hilfe zu leisten. Auch heute noch geschehen im Kongo und in Dafur Massenverbrechen, ohne das die UNO eingreift. Die Institutionen die Völkermord verhindern sollen, funktionieren nicht. Durch das Veto-Recht mancher Staaten wie Russland oder China kommt es oft nicht zur Intervention von solchen Verbrechen. Dabei hat gerade der Konflikt in Bosnien gezeigt, dass wenige gezielte Militärschläge vielen Menschen das Leben retten können. Eine Studie besagt, dass auch in Ruanda 5000 Soldaten gereicht hätten um den Mord an den Tutsi zu stoppen. Gerade das Zusehen der UNO bestärkt die, die ihr eigenes Volk ermorden, denn sie sind sich im klaren, dass ihnen nichts passiert.
Goldhagen fordert daher die Politik auf, nicht mehr nur weg zusehen. Er Schlägt eine Wächterorganisation der demokratischen Staaten vor. Außerdem fordert er, dass Völkermord von der UNO als „Krieg gegen die Menschlichkeit“ deklariert werden soll. Des weiteren plädiert er für eine Politik die Kopfgelder auf Völkermörder auslegt, denn niemand spielt ein Spiel, das man nur verlieren kann. Man müsse den Verbrechern zeigen, dass ihre Kosten und Nutzen Rechnung nicht aufgeht.
Somit löst Goldhagen mit seinem neuen Buch und dem dazugehörigen Dokumentarfilm erneut Debatten aus. Einige Fragen bleiben jedoch offen. Im Beispiel Afghanistan sieht man, dass durch militärische Intervention Völkermord verhindert werden kann. Doch man sieht auch, dass dieser Konflikt nicht endgültig durch Militär zu lösen ist. Doch eines ist klar: Die Menschenrechte sollten wieder über diplomatische Sympathien zu Ländern, in denen Völkermord praktiziert wird, stehen. Die internationale Gemeinschaft muss zusammen gegen dieses Verbrechen vorgehen, damit Fälle wie Ruanda oder Bosnien gar nicht erst entstehen.

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